Jorinde Voigt, Perm Partitur, 2007
Schenkung Sammlung Hoffmann, Staatliche Kunstsammlungen Dresden Foto: SKD, Herbert Boswank © Jorinde Voigt, VG Bild-Kunst, Bonn 2024.

Jorinde Voigt und die Allegorie der Musik

Musik und Bildender Kunst wohnt die Kraft inne, menschlichen Gefühlen Ausdruck zu verleihen und sie mitzuteilen. Doch die Zeichnung von Jorinde Voigt ist auf den ersten Blick schwer zu entschlüsseln: Abstrakte Beziehungen zwischen ganz unterschiedlichen Komponenten fügen sich zu einer Art Diagramm zusammen, das ebenso monumental wie fragil wirkt. Auch bei Carl Gustav Carus blickt man auf eine geheimnisvolle Szene: Ruhig und solitär steht eine Harfe in einer mediterranen Landschaft, nichts deutet auf ein baldiges Konzert hin – eher scheint eine seltsame Stille in der Luft zu liegen. Mondlicht scheint durch die Saiten des Instruments und es wird deutlich: Diese Harfe soll nicht gespielt werden, sie ist ein rein symbolisches Element.

  • Laufzeit 21.03.2024—22.07.2024

Beiden Werken

Beiden Werken ist der Versuch einer Visualisierung von akustischen Phänomenen gemeinsam. Das Verhältnis von Musik und den bildenden Künsten wird Mitte des 19. Jahrhunderts neu definiert und die Grenzen zwischen den Künsten scheinen zu verschwimmen. In der Malerei rückt jenseits der dargestellten Gegenstände die innere Gefühlswelt in den Mittelpunkt des Interesses. Die Maler der Zeit, prominent darunter auch Carl Gustav Carus, bringen dieses Anliegen oft mit musikalischen Allegorien auf die Leinwand: In ihrer flüchtigen, immateriellen Form und dem Ausdruck innerer Poesie war die Musik vielleicht die Kunstform, die dem romantischen Ideal am ehesten entsprach.

Musikalische Referenzen

Musikalische Referenzen sind auch im Werk von Jorinde Voigt nicht zufällig: Die Künstlerin ist in klassischer Musik ausgebildet und lässt dynamische Impulse, Takte von Popsongs, zwei Küssende, Detonationen, einen Temperaturverlauf und einen Zeitstrahl zu einer rätselhaften Partitur werden. Die dargestellten Elemente folgen einem Rhythmus und werden nie ganz greifbar, was an die flüchtige Wahrnehmung von Tönen und Musik erinnern lässt. Das Diagramm konstruiert dabei eine ganz eigene Realität. Würde man beispielsweise versuchen, die Notationen der Popsongs abzuspielen, bekäme man ein Rauschen zu hören – der praktische Nutzen als musikalische Partitur ist also begrenzt. Vielmehr geht es um die Wahrnehmung per se: Wie kann Musik auch ohne Notenschrift einen grafischen Ausdruck finden? Wie können Geräusche visuell erfahrbar werden? Wie lassen sich akustische und visuelle Erfahrungen verschmelzen?

Die Schenkung Sammlung Hoffmann lässt zeitgenössische Werke mit den Objekten der unterschiedlichen Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in einen Dialog treten, um für die heutigen wie die historischen Exponate neue Betrachtungsweisen und Bedeutungsebenen zu öffnen.

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