VALIE EXPORT, Aktionshose: Genitalpanik, 1969
Sammlung Hoffmann, Berlin © VALIE EXPORT / VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Peter Hassmann © VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: SKD, Herbert Boswank.

VALIE EXPORT und die Kurfürstliche Garderobe

Provokativ blickt VALIE EXPORT in die Kamera und widerspricht dabei zugeschriebenen Geschlechterrollen: Mit einem Maschinengewehr in den Händen posiert die Künstlerin breitbeinig mit einer im Schritt ausgeschnittenen Jeans und gibt den Blick frei auf ihren nackten Genitalbereich. Der Aufnahme ging eine Aktion voraus, in der die Künstlerin männliche Schaulust adressierte, die in der direkten Konfrontation eher Prüderie offenlegte: Sie lief mit dieser Hose durch die Reihen eines Münchner Programmkinos, woraufhin das Publikum verschämt den Saal verließ.

  • Laufzeit 20.03.2024—16.09.2024
  • Öffnungszeiten täglich 10—18 Uhr, Dienstag geschlossen 21.05.2024 10—18 Uhr (zusätzlich geöffnet)
  • Eintrittspreise regulär 14 €, ermäßigt 10,50 €, unter 17 frei, ab 10 Pers. 12,50 €
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Eine derartige

Eine derartige „Genitalpanik“ ist bei der kurfürstlichen Garderobe (noch) nicht zu beobachten: Der exponierte Genitalbereich trägt Potenz und Macht des Trägers wie selbstverständlich nach außen und ist Ausdruck einer bis heute patriarchal geprägten Gesellschaft. Beispielhaft hierfür sind auch Wams und Hose aus karmesinrotem Seidenatlas, die im Kleiderinventar von 1591 als zum sächsischen Kurornat gehörig aufgeführt sind. Vermutlich wurde dieses Gewand für Kurfürst Christian I. geschneidert, dessen gemaltes Porträt unweit von VALIE EXPORTs Arbeit zu sehen ist. Der Schnitt der knielangen Hose ist weit und nicht mehr in Streifen aufgelöst.

Rüstkammer, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Sammlung Hoffmann, Berlin © VALIE EXPORT / VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Peter Hassmann © VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: SKD, Klemens Renner
Ausstellungsansicht in den Räumen der Kurfürstlichen Garderobe

Damit weist die Form

Damit weist die Form bereits auf den Übergang in das 17. Jahrhundert. Die sogenannte Schamkapsel entspricht jedoch der Hosenmode des 16. Jahrhunderts. Sie entwickelte sich aus den engen Beinlingen des 15. Jahrhunderts, einem von Männern getragenen Vorläufer der Hose. Die modische Verzierung nahm im 16. Jahrhundert immer auffälligere Formen an und lenkte mit kontrastierender Mehrfarbigkeit, Polsterung, Schlitzen, Schleifen und Bändern die Aufmerksamkeit auf die männlichen Genitalien, die in textiler Form regelrecht nachgeahmt wurden. Die in der Praxis funktionslose Schamkapsel wird heute als ein Symbol von Autorität, Stärke und ganz allgemein von männlicher Potenz gedeutet. Ähnlich zu den Prunkkleidern der Kurfürsten trägt VALIE EXPORT mit „Aktionshose: Genitalpanik“ auf einer Repräsentationsebene eine Art von Kampfansage nach außen und kritisiert Machtgefüge, indem sie diese zur Schau stellt. Die Waffe in ihrer Hand unterstreicht den Eindruck von Dominanz und Stärke und hat neben ihrer Funktion als Kampfinstrument als einschüchterndes Accessoire ebenso Tradition.

Rüstkammer, Staatliche Kunstsammlungen Dresden; Sammlung Hoffmann, Berlin © VALIE EXPORT / VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: Peter Hassmann © VG Bild-Kunst, Bonn 2024; Foto: SKD, Klemens Renner
Ausstellungsansicht in den Räumen der Kurfürstlichen Garderobe

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Die Schenkung Sammlung Hoffmann lässt zeitgenössische Werke mit den Objekten der unterschiedlichen Museen der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in einen Dialog treten, um für die heutigen wie die historischen Exponate neue Betrachtungsweisen und Bedeutungsebenen zu öffnen.

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